Heute war ich beim WIR-Kongress in Bad Kissingen. Ein ziemlich schweißtreibendes Geschäft, weil wir bei gefühlten 40 Grad in einem – erfreulicherweise – überfüllten Workshop-Raum mit einem tollen Kreis von interessierten Menschen darüber nachgedacht haben, was es eigentlich mit dem WIR auf sich hat; und wie man dazu kommt, ein echtes WIR zu erleben.
Der Kerngedanke ist einfach: WIR gibt es nur, wo ein Ich auf ein Du trifft – und wo beide bereit sind, sich aufs Spiel zu setzen, auf dass ein Gemeinsames entsteht. Diese – in Anlehnung an Martin Buber entwickelte Idee – war mir vor allem deshalb wichtig, weil man in Kissingen zum Teil äußerst bedenkliche Thesen über das WIR vernehmen konnte. Bemerkenswert vor allem, dass fast immer nur davon die Rede ist, wie ICH zum WIR kommt. Da wird dann munter von der großen Bewusstseinserweiterung oder -evolution schwadroniert, bei der sich mein ICH zum kollektiven WIR weitet, ohne dass dabei auch nur von Ferne ein DU in den Gesichtskreis träte. Oder ein Hauptredner gefällt sich in dem Gedanken, er finde das WIR niemals im Außen, sondern nur im eigenen Herzen. Stöhn! Wie verschlossen muss dieses Herz wohl sein, dass es meint, sich des DUs entheben zu können, um nur sein ohnehin schon großes Ego zu einem kolossalen WIR-ICH aufblähen zu können! Und das ist nur einer unter vielen. Der große WIR-Boom – ich werde den Verdacht nicht los – ist oft nichts anderes als die Fortsetzung des Ego-Trips seiner Propagandisten auf einer anderen Ebene.