„Wage zu denken!“

(Immanuel Kant)

Ursprünglich hatte der Philosoph Immanuel Kant das Wort wohl bei dem römischen Dichter Horaz entdeckt: „Sapere Aude“ riet der seinen Lesern, was Lateinisch ist so viel heißt wie: „Wage es, weise zu sein“. Als Kant das geflügelte Wort für seinen Aufsatz zu der Frage „Was ist Aufklärung?“ in Dienst nahm, gab er ihm allerdings eine andere Bedeutung – eine, die es weithin bekannt machte: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ übersetzte er das Wort des Horaz und kürte dessen Appell zum „Wahlspruch der Aufklärung“: zum Motto einer ganzen Epoche, die tatsächlich den Mut aufgebracht hatte, eigenständig zu denken; die sich nicht mehr damit zufrieden gab, von kirchlichen oder politischen Autoritäten gesagt zu bekommen, was gut und böse, wahr und falsch ist. „Wage zu denken“, das war und ist ein Appell gegen jede Form von Konformismus und Opportunismus – eine Aufforderung, nicht immer das nachzubeten, was Prominente und Experten vorbeten; nicht anderen nach dem Mund zu reden, nicht die Fahne in den gerade herrschenden Wind zu hängen. „Wage zu denken“, das heißt: Riskieren, mal gegen den Strich zu denken, auch das denken, was auf den ersten Blick unmöglich scheint; die Einsamkeit ertragen, wenn man mit seiner Einsicht allein steht.; und gängige Meinungen hinterfragen – vor allem übrigens … die eigenen.+++(Aus Zeit-Wert-Geben Impuls „Konzentration“)