Wozu die ganze Politik? Woran in Krisenzeiten Maß nehmen? Und was lässt ein Gemeinwesen gelingen? Es waren solche Fragen, die den alten Platon (428-348 v. Chr.) am Ende seines Lebens umtrieben. So schrieb er einen großen Dialog und teilte seine Antwort mit: Der Sinn und Zweck der Politik, so lässt er seine Leser wissen, ist gar nichts anderes als der Frieden: der Frieden und der Einklang aller Bürger und auch aller Staaten – die symphonía, wie er diesen Zustand nannte. Sie gibt dem Menschen Maß und Richtung.
Es ist kein Zufall, dass in Platons Politik an prominenter Stelle so ein wichtiger Begriff aus der Musik erscheint. Denn als Musik erschien den alten Griechen alles Leben. Die Welt war für sie eine Melodie. An ihr, so glaubten sie, müssten die Menschen Maß nehmen, wenn sie sowohl ihr eigenes als auch das öffentliche Leben glücklich meistern wollten. Die große Harmonie des Himmels auf der Erde abzubilden – das war für Platon Sinn und Zweck der Politik. Es war seine Vision des Friedens und der Freiheit.
Wie aber könnte dieses Ziel jemals verwirklicht werden – die große symphonía des Gemeinwesens? Wie könnte es gelingen, einen Staat zu komponieren, dessen Gesellschaft stimmt – im Einklang mit sich selbst und anderen schwingt. Es gab nur einen Weg. Und das war die Musik. Die jungen Menschen, lehrte Platon, sollten früh zu musizieren und zu tanzen lernen. Sie sollten sich den Göttern Apollon und Dionysos anschließen – den „Musenführern“, die mit den ihnen geweihten Künsten den Sinn für Harmonie und Stimmigkeit im Herz der jungen Menschen schärfen würden. Und so entwarf er einen Bildungsplan, in dem das Musizieren höchste Relevanz besaß: als wichtigsten Erfahrungsort des Guten, um das es doch in unser aller Leben geht.
Wissen wir noch um diese Bedeutung der Musik für das Politische? Verstehen wir die Musik und den Tanz noch als Schule des Gemeinsinns? Tatsächlich hat die alte Wahrheit ihre Geltung nicht verloren: Noch heute dienen wir dem Frieden, wenn wir musizieren. Und wenn die jungen Menschen dabei die Erfahrung machen, wie kostbar Harmonie und Einklang sind, besteht wohl Hoffnung für unsere oft so friedlose Welt.