Angriff auf das Spiel…

Fuß­ball ist eine Kraft­quel­le unse­rer Kul­tur. Wir dür­fen nicht zulas­sen, dass sie ver­gif­tet wird, weder von Ter­ro­ris­ten noch von Funktionären 
Und jetzt auch noch Han­no­ver – kein aus­ge­führ­ter Anschlag zwar, doch eine Bedro­hungs­la­ge, die es den Ver­ant­wort­li­chen unum­gäng­lich erschie­nen ließ, das Freund­schafts­spiel der deut­schen und der nie­der­län­di­schen Natio­nal­mann­schaft abzu­sa­gen. Der Ter­ror hat ein neu­es Ziel: den Fußball.
Das Ziel ist kon­se­quent gewählt. Denn Fuß­ball ist mehr als nur ein Sport. Ein Fuß­ball­sta­di­on ist mehr als nur eine Men­schen­an­samm­lung, in der man maxi­ma­les Unheil anrich­ten kann. Das Sta­di­on ist ein säku­la­rer Tem­pel, das Fuß­ball­spiel ist eine Art von säku­la­rem Kult: ein Spiel, das wie nichts sonst alle sozia­len, reli­giö­sen, kul­tu­rel­len, geschlecht­li­chen und öko­no­mi­schen Gren­zen über­springt und Völ­ker rund um den Glo­bus ver­bin­det; ein Spiel, das begeis­tert und berührt; ein Spiel, das Men­schen lachen und wei­nen lässt, das in ihnen Glück und Leben­dig­keit ent­fes­selt; ein Fest, das das Leben fei­ert. Es ist das Spiel, was die Isla­mis­ten has­sen und zer­stö­ren wol­len. Sie legen ihre blu­ti­ge Hand an eine der tra­gen­den Wur­zeln unse­rer Kul­tur, sie wol­len einen der Brun­nen ver­gif­ten, die unse­re See­len näh­ren: das Spiel.
Das Spiel ist Reli­gi­on im ursprüng­li­chen Sinn des Wor­tes: Re-ligio – Rück­bin­dung: Rück­bin­dung an das, was unser Mensch­sein schmückt und adelt. Sie stif­ten Ver­bun­den­heit auch da, wo Men­schen gegen­ein­an­der spie­len. Spie­le haben ihren Sinn in sich. Sie sind schön. Todes­trun­ke­ne Dschi­ha­dis­ten kön­nen das nicht dul­den. Denn Spie­le ent­zie­hen sich deren schreck­li­cher Logik, die alle Lebens­äu­ße­run­gen in den Dienst dog­ma­ti­scher Gebo­te und Ver­hei­ßun­gen rückt.
Das Spiel als Fei­er der Leben­dig­keit steht am Anfang unse­rer euro­päi­schen Kul­tur und ist die­ser von jeher ein­ge­zeich­net. Die Grie­chen erneu­er­ten ihre Kul­tur und ihre Gemein­schaft bei den pan­hel­le­ni­schen Spie­len in Olym­pia und Del­phi. Ihre Spie­le waren Reli­gio im vol­len Sin­ne des Wor­tes – Rück­bin­dung an die Wur­zeln der eige­nen Kul­tur und Leben­dig­keit. Sie waren den Göt­tern geweiht, das sind die heu­ti­gen Spie­le nicht mehr – aber dar­in glei­chen sie doch ein­an­der: dass sie kul­tur­tra­gend und –ver­bin­dend sind. Und nir­gend­wo sonst wird dies so deut­lich, wie beim Fuß­ball­spiel. Wer es angreift, greift das Fun­da­ment unse­rer Kul­tur an.
Das Dra­ma ist: Der Fuß­ball ist in die­sen Tagen nicht nur durch den reli­giö­sen Fun­da­men­ta­lis­mus gefähr­det. Nicht weni­ger groß ist die Bedro­hung, der es von unse­rer eige­nen (Un)Kultur her aus­ge­setzt ist: der Instru­men­ta­li­sie­rung und Kom­mer­zia­li­sie­rung. Die Ent­hül­lung der Skan­da­le bei FIFA und DFB machen über­deut­lich, wie sehr das Spiel von denen benutzt wird, deren ein­zi­ge Absicht dar­in liegt, Pro­fit damit zu machen. Auch davor muss das Spiel bewahrt wer­den. Auch der Öko­no­mis­mus mit sei­nen gif­ti­gen Früch­ten wie Kor­rup­ti­on und Mani­pu­la­ti­on bedroht die Wur­zel unse­rer Kul­tur: das Spiel.
Das Wun­der­ba­re ist: Unter dem dop­pel­ten Druck, dem das Spiel jetzt aus­ge­setzt ist, ent­fal­tet es einen uner­hör­ten Glanz. Wie bewe­gend sind die Bil­der aus dem Wem­bley-Sta­di­on, wo die Fuß­ball­na­tio­nal­mann­schaf­ten von Eng­land und Frank­reich ein wahr­haft spi­ri­tu­el­les Fest zele­brier­ten! Sie zei­gen, wel­che Kraft dem Spiel in die­sen Tagen inne­wohnt: es ist die Kraft des Lebens selbst, die sich ent­schlos­sen hat, den Agen­ten des Todes zu wider­ste­hen. Es ist die Kraft ursprüng­lichs­ter Reli­gi­on, die dort auf­keimt, wo die Per­ver­si­on der Reli­gi­on ihre gräss­lichs­te Frat­ze zeigt und der geld­gie­ri­ge Nihi­lis­mus sei­ne Kral­len nach dem Spiel aus­streckt. Das Fuß­ball­spiel ist ein leuch­ten­der Stern in der Fins­ter­nis. Ent­de­cken wir es als sol­ches neu. Wir dür­fen den Spiel­ver­der­bern nicht nachgeben.